Seit ca. 15 Jahres wird von der Politik ausdrücklich gewünscht, dass Arbeiten, die nicht bezahlt werden wollen oder können von sogenannten bürgerschaftlich Engagierten übernommen werden. Im Volksmund heißen die übrigens Ehrenamtliche. Blöderweise hat ungefähr zum selben Zeitpunkt dieselbe Politik darauf bestanden, dass die Leute generell mobiler, flexibler, fitter, aktiver und wer weiß was sonst noch alles, werden sollen. Im Ergebnis haben wir jüngere Leute mit Kindern, die 10 Stunden täglich arbeiten, gerne mit weiten Fahrtwegen und am Wochenende. Und die das alles dann bis ins Rentenalter schaffen sind dann dermaßen gesund und aktiv, dass sie über Monate mit dem Wohnmobil Europa und die Welt bereisen und nur dann zurückkommen, wenn der Rücktransport der Zusatzversicherung mal in Anspruch genommen werden muss.
Sie ahnen es schon – man tut sich unter diesen Umständen zumindest schwer, überhaupt Ehrenamtliche zu finden. Und wenn man dann welche gefunden hat, müssen die sich über Tage schulen lassen um am Ende alles über Demenz, Hygiene, erste Hilfe, Gruppendynamik, alterstypische Erkrankungen, Betreuungsrecht, Patientenverfügungen und Pflegestufen zu wissen. Wer bis dahin gekommen ist, sollte zumindest eine Auszeichnung „Held des Alltags“ bekommen. Statt dessen bekommt man eine Urkunde „Demenzpate“ , wird zum ersten monatlichen Treffen eingeladen und darf sofort mitbestimmen, ob man nun einen Schulunterricht, einen Kurs in Erwachsenenbildung, einen Messestand, eine Kunstausstellung oder ein Konzert mitgestalten möchte. Gerne sagt man im ersten Überrumpelungsmoment gerne mal zu, muss aber dann zwei Tage vor Veranstaltungsbeginn feststellen, dass der Italienurlaub schon lange geplant und gebucht ist und man deshalb leider, leider unabkömmlich ist. Klar ist man aber beim nächsten mal wieder dabei, vorausgesetzt die Veranstaltung findet zwischen 23.12. und 6.1. statt, denn in der Zwischenzeit ist man in Österreich, Zypern, Spanien, USA, Griechenland der Türkei und muss dazwischen auf die Enkel in Berlin. Halt - der 24.12. geht auch nicht, da ist Familientreffen.
Das alles geht an den Hauptamtlichen nicht ganz so spurlos vorbei und eine gewisse Abneigung gegen Wohnmobile und leichte Abnutzung des Nervenkostüms ist die logische Folge. Aber je älter man als Hauptamtlicher wird, desto mehr überlegt man sich, wie man wohl selbst die Rente gestalten wird. Sich ehrenamtlich engagieren? Könnte sein, aber eigentlich will man erst mal reisen. Und die Enkel könnte man endlich mal öfter besuchen. Wenn es allerdings Veranstaltungen zwischen dem 25.12. und 6.1. gäbe, könnte ich mir vorstellen, dabei zu sein.